Ein schwarzer Freitag...


An anderer Stelle hab ich hier schon einmal erzählt, wie sehr Norwegen von den Vereinigten Staaten beeinflusst scheint. Nun, heute erhielt ich einen weiteren Beweis: "Black Friday", ein großangelegter vorweihnachtlicher Ausverkauf um das Weihnachtsgeschäft anzukurbeln, in den USA traditionell der erste Freitag nach Thanksgiving, wie mich die US-Amerikanerin Olivia heute mittag aufgeklärt hat. Zu Thanksgiving übt man sich also im Kreis der Familie in Bescheidenheit und erfreut sich an den (durchaus auch immateriellen) Besitztümern die man bereits hat, nur um sich (oder andere) am Freitag darauf mit neuen materiellen Besitztümern einzudecken - guess it's called capitalism! Warum ein solcher Shopping-Tag Ende November aber ausgerechnet "Black Friday" heissen muss, die entsprechenden Plakate durchaus auch mal hinter rabattierten Gewehren (siehe Foto links, könnte auch aus den USA stammen!) angebracht werden, und wie das alles mit Weihnachten zusammenpasst frag ich mich allerdings schon... aber egal, ich weigere mich ohnehin vor dem 1. Dezember in Weihnachtsstimmung zu kommen, egal wie früh sie die Beleuchtung auch aufhängen mögen. In Norwegen feiert man zwar kein Thanksgiving, aber beim Black Friday ist man voll mit dabei - ganz Oslo schien heute auf den Beinen zu sein und auf Schnäppchenjagd zu gehen! Und obwohl ich erst kürzlich einen sehr guten Artikel zum Thema Konsumwahn (und wie unser Leben dadurch fremdbestimmt wird) gelesen hab, muss ich gestehen dass ich heute selbst keine Ausnahme war. Nach einer recht bitteren Prüfungswoche konnte ich ein wenig retail therapy auch ganz gut gebrauchen... :(

Ursprünglich zog ich ja nur aus um ein kleines Präsent für meine Freundin zu besorgen, und mir Spikes für meine Schuhe zuzulegen; vergangenen Montag war Oslo von einer Glasur gefrorenen Regens überzogen, und ich bin auf dem Weg zur Uni nur knapp einem Sturz entgangen. Zwar kenne ich vereiste Gehsteige ja durchaus auch aus meiner Heimat, aber in Oslo sind solche Verhältnisse aufgrund der zahlreichen Steigungen bzw. Gefälle besonders tückisch! Und da ich demnächst mit Røros & Svalbard zwei absolute Kältepole Norwegens besuchen werde, war das sicher keine schlechte Investition. Und weil ich schon mal dabei war mir Spikes zu kaufen, ging es konsequenterweise gleich mit Schuhen weiter. Bei meiner 4-tägigen Wanderung durchs Aurlands-Tal im September gingen ja meine Raichle Bergschuhe kaputt, und als ich heute ein Paar Zamberlan Trekkingstiefel im "Black Friday" Ausverkauf sah, die um 50% verbilligt waren, konnte ich einfach nicht nein sagen. Dabei war ich ganz froh gewesen hier nicht nur Gepäck anzusammeln, sondern auch das eine oder andere Trumm loszuwerden, noch dazu etwas so sperriges wie Bergschuhe! Tja, nix da... oder, wie man auf Norwegisch sagt: "Nei da!"

Sehr amüsant zu beobachten war heute auch der Run auf das Regal mit Leggins bzw. Sport-Tights. Erst neulich hab ich mit Freunden darüber diskutiert wie beliebt solche Beinkleider hier in Norwegen sind. Grundsätzlich find ich es eh cool dass man (nein: frau!) sich hier insgesamt weniger "aufbrezelt" als anderswo und ein sportlicher Look mehr als nur salonfähig ist, aber die Häufigkeit mit der man hier auf der Strasse oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln Frauen in Leggins, Tights oder Kompressionsstrümpfen sieht ist schon auffallend & ein wenig amüsant, daran muss man(n!) sich erst gewöhnen...und nei da, sie sind nicht alle unterwegs zum Joggen! Wie mir ein junger norwegischer Freund erklärt hat, sind die beliebtesten Modelle jene der Firma 2XU - das wären richtige Statusobjekte unter den Fräulein in seinem Alter, meinte er - und tatsächlich waren diese heute auch an vorderster Front zu finden:


Abschliessend traf ich die folgenschwere Entscheidung, meinen Heimweg über die Møllergata anzutreten, ein besonders "gefährliches" Pflaster für Musikliebhaber wie mich. Nachdem ich an einem HiFi-Geschäft noch erfolgreich vorbeiging (bzw. eigentlich sogar drinnen war, mich beraten ließ, 2 Kopfhörer-Modelle probehörte, und dann unverrichteter Dinge wieder das Geschäft verließ - Yes!), kam ich aus dem Plattenladen "Big Dipper" nicht hinaus ohne etwas Geld liegenzulassen. Das vor 15 Jahren erschienene und unter seinen Fans geradezu kultisch verehrte Debütalbum "Hour of Bewilderbeast" des britischen Multiinstrumentalisten und Songwriters Badly Drawn Boy alias Damon Gough (der Mann mit der Strickmütze, welcher seinerzeit auch für den tollen Soundtrack der Nick-Hornby-Verfilmung "About a Boy" verantwortlich zeichnete, falls sich daran noch jemand erinnert) befand sich schon länger auf meiner Wunschliste, und dass ich ausgerechnet im teuren Norwegen eine recht günstige Vinyl-Kopie entdeckte war fast schon als Zeichen zu werten... Zeichen wofür? Naja, zumindest um ohne mit der Wimper zu zucken 169 Kronen an Ort & Stelle ausgeben zu dürfen! In diesem Sinne, habt alle eine schöne Adventzeit, und übertreibt es nicht mit den Weihnachtseinkäufen! ;)




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